Hallo Sandra, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Superheldin kurz vor:
Aber klar doch, sehr gerne. Ich bin Sandra, die Gründerin von Superheldin, der ersten Jobbörse, die familienfreundliche Unternehmen mit Müttern, aber auch Vätern, zusammenbringt. Unser Team besteht auch 10 Leuten, inklusive Entwickler und Berater, die wir insbesondere in den Bereichen IT und Kommunikation einsetzen. Zum Kernteam in unserer Zentrale im Münchner Glockenbach-Viertel gehören Cordula, die das Account Management verantwortet, Jana, unsere Content- und Community Managerin sowie Jessy, die den Bereich Administration Management unterstützt.
Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen?
Bei Superheldin setzen wir uns dafür ein, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Muttersein nicht nur gesellschaftlich anerkannt, sondern schon in einer sehr nahen Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein wird. Mein Ziel ist es, daran mitzuwirken, dass flexiblere Arbeitszeiten für hochqualifizierte Mütter von deren Arbeitgebern als Vor- und nicht als Nachteil gesehen werden. Jobbörsen sind in der Regel Generalisten, die alle Berufs- und Personengruppen abdecken. Oder aber sie sind Spezialisten, die sich auf eine Branche fokussieren. Eine Jobbörse, die sich das Thema Familienfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat, gab es bisher noch nicht in dieser Form. Dafür sind wir angetreten: Wir wollen das populärste Jobportal für Frauen mit Kindern und der führende HR-Spezialist für familienfreundliche Unternehmen und Stellenangebote werden.
Welches Problem wollt Ihr mit Superheldin lösen ?
Wir möchten zwei Probleme lösen: Mütter unterstützen, zurück in den Arbeitsmarkt zu kommen beziehungsweise aus der Teilzeit in ein vollzeitnahes Modell zu wechseln, etwa weil die Kinder schon älter sind. Beide Gruppen können auf unserem Portal mit familienfreundlichen Arbeitgebern zusammenfinden. Zugleich möchte ich mit Superheldin dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegensteuern.
Wie ist die Idee zu Superheldin entstanden ?
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus. Ich war rund 15 Jahre als Produktionsleiterin bei diversen TV-Produktionsfirmen tätig und dort für die Budgets und alle organisatorischen Aufgaben von der Teamsuche bis zur Umsetzung der Dreharbeiten verantwortlich. Dann kam meine Tochter zur Welt. Als ich nach der Elternzeit auf Jobsuche war, hat sich das schwerer gestaltet als angenommen. Die etablierten Jobbörsen halfen nicht weiter auf der Suche nach flexiblen Arbeitsmodellen. Not macht bekanntlich erfinderisch. Und so habe ich mich entschlossen, diese Marktlücke zu besetzen und eine eigene Plattform aufzubauen. Die Idee für Superheldin war geboren.
Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?
Im Kern hat sich nichts geändert. Dreh und Angelpunkt ist und bleibt unsere Stellenbörse. Flankierend arbeiten wir an Konzepten für diverse Workshops
und werden künftig aktiv ins Recruiting einsteigen und qualifizierte Mütter ansprechen, wenn wir vakante Positionen für unsere Kunden zu besetzen haben.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Unser Geschäftsmodell fußt auf zwei Säulen: Zum einen erzielen wir Erlöse über die Unternehmen, die Job-Angebote bei uns schalten. Zum anderen über Firmenportraits, in denen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von ihrer Tätigkeit berichten. Somit bekommen Inserenten über uns zugleich ein adäquates Employer Branding dazu.
Wie genau hat sich Superheldin seit der Gründung entwickelt ?
Wir sind auf einem sehr guten Weg, wenngleich auch uns die Corona-Krise um ein paar Monate zurückgeworfen hat. Die aktuelle Situation ändert aber nichts grundsätzlich daran, dass immer mehr familienfreundliche Unternehmen gezielt nach working moms suchen und ihr Recruiting darauf ausrichten.
Ganz konkret: Was heißt denn Familienfreundlichkeit ? Wie überprüft ihr das ?
Unternehmen, die sich auf unserer Stellenbörse registrieren, durchlaufen einen zehn-Punkte-Fragenkatalog rund um die Themen flexible Arbeitsmodelle und Betreuung. Je mehr familienfreundliche Kriterien sie erfüllen, desto grüner wird ein Balken, der dann auch in der Stellenanzeige sichtbar wird. Ist der Prozess abgeschlossen, erhalten die Unternehmen ein Superheldin-Gütesiegel, das sie auf ihrer eigenen Homepage einbinden können. Wir screenen jede Anzeige, die veröffentlicht wird und beraten auf Wunsch auch bei der Formulierung. Im Zweifel einer nicht familienfreundlichen Stellenanzeige kontaktieren wir die Unternehmen und besprechen die Anzeige. Qualität geht uns vor Quantität.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
Wir sind ja erst vor einem Jahr in See gestochen. Bis Mitte März lief alles rund, wir haben uns von Monat zu Monat steigern können. Dann schlug die Corona-Welle auf den Personalmarkt ein. Derzeit werden weniger Stellen ausgeschrieben, viele Unternehmen sind mit Kurzarbeit konfrontiert. Aber diesen Sturm stehen wir durch. Wir haben unser Schiff bei gutem Wetter seefest gemacht – davon profitieren wir jetzt.
Inwiefern ?
Starke Marken haben es in schwierigen Zeiten immer etwas leichter, denn man vertraut ihnen. Wir haben im ersten Jahr signifikant in unseren Markenaufbau und die Technologie investiert. Das zahlt sich jetzt aus. Bis dato hatten wir rund 1000 Stellenausschreibungen auf unserem Portal. Mehr als 400 Unternehmen zählen zu unseren Kunden, darunter Coca-Cola, Vattenfall, der Onlineshop Little Hipstar und die Heysenberg Vermögensverwaltung.
Klar, auch bei uns sind gerade weniger Stellen ausgeschrieben als zuvor. Manche Branchen, wie die Touristik, hat es extrem hart getroffen. Aber es gibt auch gegenläufige Entwicklungen. Im Handel, in der IT oder im Gesundheitswesen beispielsweise wird nach wie vor qualifiziertes Personal gesucht. Zum Höhepunkt des Lockdowns hatte ich ein sehr gutes Gespräch mit einer großen Gastronomiekette für die Zeit nach Corona. Personalplanung ist strategisch langfristig angelegt.
Und was habt Ihr aus den letzten Monaten gelernt ?
Dass auch in dieser Krise eine Chance liegt. Stichwort New Work. Worum es arbeitenden Müttern nämlich vor allem geht, ist Flexibilität. Digitale Tools wurden von heute auf morgen ganz selbstverständlich in den Arbeitsalltag integriert. Zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten ging plötzlich auch in Unternehmen, die bislang ausschließlich auf Präsenzkultur setzten. Dank der neuen Möglichkeiten können Unternehmen zugleich ihre Kosten senken. Schließlich ersetzen Zoom und Co. so manche Businessreise. Die Corona-Krise wird in absehbarer Zeit vorbei sein, die digitalen Errungenschaften im Hinblick auf moderne Arbeitsweisen werden bleiben, davon bin ich felsenfest überzeugt.
Wie definierst du denn Flexibilität, worum geht es dir dabei ?
Dazu zählt vor allem, in flexibler Teilzeit oder Vollzeit zu arbeiten, komplettes remote-Arbeiten, homeoffice, Vertrauensarbeitszeit. In Skandinavien beispielsweise gibt es eine reduzierte Vollzeit für beide Elternteile, etwa jeweils 30 Stunden. Dort haben Arbeitgeber vieles richtig gemacht. Ein Umdenkprozess hat auch hierzulande begonnen. Aber es gibt noch viel zu tun.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?
In puncto Fokussierung. Wir hatten von Anfang an eine Fülle an Idee, die sich optimal ergänzen. Gleichwohl sind wir nicht in die Falle getappt alles gleichzeitig anzugehen. Jetzt, wo unsere Stellenbörse etabliert ist, gehen wir die Bereiche Workshops und Active Sourcing an.
Wie ist Euer Startup finanziert ?
Mit meinen eigenen Mitteln sowie über eine in diesem Januar abgeschlossene Seed-Finanzierungsrunde. Zudem kam im März die renommierte Sprechwissenschaftlerin und Business Coachin Silke Christmann an Bord. Es ist ihr erstes Privat-Investment. Sie, selbst Mutter von zwei Töchtern, möchte jungen Frauen Mut machen, unternehmerisch tätig zu werden und ist zutiefst von Superheldin überzeugt.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Wir sind auf Kurs, haben aber noch viele Meilen vor uns. Wussten Sie beispielsweise, dass 30 bis 40 Prozent der Mütter nach der Elternzeit wieder in einen Job einsteigen, für den sie überqualifiziert sind? Schrecklich! So lange es dieses Problem gibt, solange es Mütter noch schwer haben, zurück in den Arbeitsmarkt zu finden, so lange wird Superheldin gebraucht werden, weiterwachsen und Erfolg haben – und mit ihr alle kooperierenden Unternehmen.
Vielen Dank für das Interview.