Hallo Julian, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich kurz vor:
Servus, ich bin Julian, Gründer und Geschäftsführer der red root GmbH. Ich lebe im bayerischen, bin glücklich verheiratet und Ingenieur. Mit unserem Startup bieten wir eine digitale click&collect Plattform namens toOrdr an.
Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?
Gerne! Mit toOrdr etablieren wir einen digitalen Marktplatz für kleine und mittlere Betriebe, wie beispielsweise Bäcker, Metzger, Floristen, Kioske, Getränkeläden oder auch Gastronomen. So bieten wir unseren Partnerbetrieben sehr benutzerfreundlich digitale Vorbestellungen inkl. Vorab-Bezahlung z.B. beim Bäcker an. Damit entfällt die lästige Wartezeit für die Kunden und unsere Partnerbetriebe profitieren von einer besseren Planbarkeit. Die Bestellung erfolgt per App oder über einen optionalen Webshop, der kostenfrei zu unserem Angebot gehört.
Welches Problem wollt Ihr mit toOrdr lösen ?
Es geht uns im Wesentlichen darum, den Kaufprozess beim Lieblingsbetrieb ums Eck so angenehm wie möglich zu gestalten und auch neue Betriebe über den Marktplatz zu entdecken. Hier spielen also Effizienz und (online) Sichtbarkeit eine wesentliche Rolle. Zudem möchten wir unseren Partnerbetrieben auf dem Weg zur Digitalisierung und auch beim Ausbau des eigenen, digitalen Angebots begleiten. Es ist unser Ziel, einen echten Mehrwert für alle zu bieten. Das alles in einer Zeit, in denen es für die Kundschaft selbstverständlich ist, nahezu alle erdenklichen Güter online bestellen zu können und overnight zu erhalten. Wir fokussieren uns darauf, stationäre Betriebe zu unterstützen, indem wir die Kunden nach wie vor in den Laden holen, nur eben effizienter als bisher.
Ganz wichtig ist die Tatsache, dass wir unseren oftmals wenig digitalen Partnerbetrieben auf eine sehr einfache und faire Weise helfen, ihr digitales Angebot zu erweitern, ohne selbst viel Aufwand in eine eigene Entwicklung stecken zu müssen.
Wie ist die Idee zu toOrdr entstanden ?
Tatsächlich war ich bei meinem Lieblingsbäcker schon vor Corona jeden Sonntag mindestens 10 Minuten in der Warteschlange gestanden, um ein paar Semmeln zu kaufen. Ich fand das irgendwie nicht zeitgemäß, zumal Zahlung mit Karte, Apple Pay oder Google Pay vor Ort oft auch nicht möglich war. Ich hatte die Idee, dass es doch klasse wäre, per App beim Bäcker vorbestellen und vor allem auch digital bezahlen zu können. Daraufhin habe ich lange gesucht, ob solch ein Angebot für z.B. Bäckereibetriebe bereits existiert, aber die wenigen Lösungen, die ich gefunden habe, waren entweder antiquiert oder überteuert. Darum habe ich beschlossen, nebenberuflich zu gründen und toOrdr an den Start zu bringen.
Wie würdest Du Deiner Großmutter toOrdr erklären ?
Oma, für Opas Geburtstag nächste Woche brauchen wir noch Brot, Brezen und Semmeln vom Bäcker. Beim Maier Bäck ums Eck müssen wir aber nicht wieder versuchen, jemanden per Telefon zu erreichen, um die Bestellung aufzugeben. Das kann ich heute schon mit meinem Handy machen – also über eine sogenannte „App“. Ich schicke die Bestellung direkt zum Maier und dann können sie dort schon alles vorbereiten. Und das Beste: Bezahlt habe ich auch schon, wir müssen die Bestellung also nur noch abholen. Nicht schlecht, oder?
Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?
Im Kern hat sich toOrdr nicht verändert, sondern ist genau beim beschriebenen Konzept geblieben. Allerdings haben wir unser Angebot bereits um einige Features erweitert. Zum Beispiel haben unsere Partnerbetriebe jetzt auch die Option Lieferungen in einem definierten Umkreis über toOrdr anzubieten, sofern sie das wollen. Außerdem launchten wir ein spannendes Modell mit unseren Gastronomen von Klein`er Geschmacks Jäger. Dabei handelt es sich um eine Art Mittagscatering für Unternehmen, die keine eigene Kantine haben, aber den Mitarbeiter:innen warme Mahlzeiten anbieten möchten. Wir sehen darin viel Potential, denn Unternehmen werden in Zeiten nach Corona immer seltener vollwertige Kantinen ausbauen. Mit toOrdr können die Gastronomen genau nach Bedarf die Mahlzeiten anrichten und Überschuss wird vermieden. Damit trägt toOrdr auch zur Nachhaltigkeit bei.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Es gibt bei uns keine Pauschalgebühren. Wir nehmen eine fixe und faire Pauschale von 4,9% des über toOrdr vermittelten Umsatzes. Sonst gibt es keine Initial- oder versteckten Kosten. Damit liegen wir nur bei rund einem Drittel der Gebühren, die der Branchenprimus von seinen Betrieben nimmt.
Wie genau hat sich das Unternehmen seit der Gründung entwickelt ?
Spannende Frage! Wir haben toOrdr mit der Bäckerei Niemeyer in Aying südlich von München genau zu Beginn der ersten Corona Welle 2020 gelauncht. Dort wurde das Konzept auch direkt sehr gut angenommen. Mittlerweile sind einige Partnerbetriebe, derzeit vor allem im Raum München und Bayreuth, dazu gekommen. Gleichzeitig mussten wir lernen, dass die Akquise neuer Partnerbetriebe eine echte Herausforderung ist, da die Einführung neuer Prozesse, besonders für kleinere Handwerkbetriebe, eine große Sache ist. Da ist es irrelevant, wie nutzerfreundlich das neue Tool ist. Aber wir haben in den letzten Jahren schon viel dazugelernt und sind sehr zufrieden mit der Entwicklung. Am meisten Freude macht es, die vielen tollen Partnerbetriebe persönlich kennenzulernen. Ich habe großen Respekt vor dem Handwerk, deren Leistung und genieße die Zusammenarbeit mit Ihnen sehr.
Auch beim Umsatz blicken wir auf gute Monate zurück. Nahezu jeden Monat schließen wir mit einem neuen Umsatzhöchststand ab. Seit Markteinführung von toOrdr haben wir in Summe schon einen sehr ordentlichen fünfstelligen Umsatz vermittelt. Besonders stolz sind wir aber auf die Vielfalt unseres Netzwerks. Nebst Bäckereien und Gastronomen sind zum Beispiel noch eine tolle Floristin und auch ein Unverpacktladen mit dabei.
Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?
Unser Team besteht aktuell aus zwei Personen Anfangs habe ich toOrdr alleine an den Start gebracht und seit einer Weile ist noch jemand mit an Bord, um sicherzustellen, dass die IT stabil läuft und alles ordentlich gesichert ist. Auch kommt bald jemand hinzu, der die Partnerakquise weiter mit voran bringt.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
Da fallen mir einige fails ein (lacht). Auch wenn das Konzept funktioniert und gerade vom Kunden gut angenommen wird, habe ich den Aufwand für gutes Marketing unterschätzt. Die Herausforderungen bei der Partnerakquise habe ich ja bereits geschildert. Aber ich denke, wir haben anfangs zum Teil auch potentiellen Partnerbetriebe komplett falsch angesprochen, weil ich den Vorteil z.B. nicht richtig erläutert habe oder mich viel zu umständlich ausgedrückt habe, wenn ich das Konzept toOrdr erklärt hatte.
Was habt Ihr daraus gelernt ?
Am Ende des Tages geht es darum, aus genau diesen Fehlern zu lernen und zukünftig besser abschätzen zu können, was man besser machen kann. Ganz getreu dem Motto vom lebenslangen Lernen. Ich denke, dass solche Startschwierigkeiten zum normalen Prozess gehören. Als Ingenieur habe ich gelernt, auch technisch komplexe Projekte ganzheitlich umzusetzen und wenn mal was nicht so läuft wie erhofft, muss man in erster Linie sicherstellen, dass man eine Lösung findet und sich falsche Annahmen oder auch Fehler nicht wiederholen.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?
Eine der besten Entscheidungen war, dass ich noch während der Ideenphase mit ganz vielen unterschiedlichsten Leuten über das Konzept hinter toOrdr gesprochen habe. Dadurch konnte ich noch vor der Entwicklung viele tolle Inputs einsammeln und auch für mich selbst extrem viel lernen. Vor allem konnte ich auch die wesentliche Frage „Wie möchtest du mit deiner Idee Geld verdienen?“ beackern und validieren.
Oft höre ich im Freundes- und Bekanntenkreis, dass jemand eine „Megaidee“ hätte, aber nicht drüber sprechen kann, da die Idee ja viel zu gut sei und sonst sofort kopiert werden würde. Ich persönlich habe stark davon profitiert von toOrdr zu erzählen, um meine Gedanken auch Realität werden zu lassen. Immerhin ist eine Idee an sich erstmal nur der Initialfunke einer großen, langen Reise. Unter anderem hat diese Herangehensweise auch dazu geführt, dass wir kurz nach der Gründung in das Vodafone Startup Programm Uplift aufgenommen wurde. Darauf sind wir ein bisschen stolz.
Wie ist Euer Startup finanziert ?
Wir sind nebst zwei kleineren triple F Investments (Family, Friends & Fools) aus dem Freundes- und Familienkreis gebootstrapt. Und durch das Uplift Programm konnten wir deren technische Infrastruktur ein Jahr lang kostenfrei nutzen, was uns finanziell geholfen hat.
Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Weiterhin nachhaltig wachsen und vor allem viele neue Partnerbetriebe und zufriedene Kunden für toOrdr zu gewinnen. Dieses Thema wird uns die nächsten Monate und auch Jahre gut beschäftigen. Wir freuen uns auch, dass es hoffentlich bald wieder die Möglichkeit gibt, auf Messen und anderen Veranstaltungen toOrdr zu präsentieren. Und neue Partnerbetriebe und Features stehen auch schon in den Startlöchern. Es gibt also ordentlich zu tun!
Vielen Dank für das Interview.
Vielen Dank auch von mir.